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Obernzenn


Denkmalverzeichnis Obernzenn

Rotes Schloss, Dreiflügelanlage, 1745, wohl nach Plan von Leopoldo Retti, auf gemeinsamen Grabenplateau mit dem blauen Schloss [Fl. Nr. 146]

Blaues Schloss, unregelmäßig dreiflügelige Anlage, mit dem Roten Schloss zusammen einen Binnenhof einschließend, Nordtrakt 1696, Osttrakt 1711-18, wohl nach Plan von Gabriel de Gabrieli, Westtrakt 1756-57; mit Ausstattung; hierzu Eisengussbrücke, 1747; Gartenanlagen mit Gartenarchitektur und Sandsteinfiguren, 18. Jh. [Fl. Nr. 142]

Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Denkmäler in Bayern, Band V, Mittelfranken, München 1986

v. Seckendorff: Eines der ältesten Adelsgeschlechter Frankens; Stammsitz einst bei Cadolzburg, Mfr. Reichsfreiherrn 1706; Württemb. Grafentitel 1810. – Schlösser in Obern- und Unternzenn, Sugenheim, Rennhofen (Frh v.S.-Rynhofen), Weingartsgreuth etc. – Zahlreiche Grabmäler in fränkischen Kirchen. – Aus der Familie sind mehrere Minister, Marschälle und Gelehrte hervorgegangen.

Quelle:
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, 2., berichtigte und ergänzte Auflage, Neustadt an der Aisch 1982

 

Blaues Schloss und Rotes Schloss Obernzenn

Im Jahr 1990 erhielt Rainer Graf von Seckendorff-Aberdar für sein Engagement zum Erhalt des Blauen Schlosses in Obernzenn den Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung aus München. Ebenfalls für seine Verdienste in Sachen Denkmalschutz erhielt der Rechtsanwalt die Denkmalmedaille 1995 des Freistaats Bayern. Direkt neben dem Blauen Schloss steht aber auch noch ein weiteres Haus der Familie von Seckendorff: das Rote Schloss. Während allerdings das Blaue Schloss zur Linie Seckendorff-Aberdar gehört, so steht das Rote Schloss für die Linie Seckendorff-Gutend. Seit 2004 bzw. 2010 ist die Messerschmidt Stiftung aus München in Obernzenn engagiert. Zwei Schlösser auf demselben Grundstück. Der folgende Artikel will Licht in die Geschichte der Familie von Seckendorff bringen und gleichzeitig die Vergangenheit von Obernzenn beleuchten.


Seckendorff

Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Familie von Seckendorff am 1. März 1254 mit Heinricus de Seckendorf. Die Familie nannte sich nach der Ortschaft Seckendorf nahe Cadolzburg. Dr. Gerhard Rechter, Leiter des Staatsarchivs Nürnberg und seines Zeichens „Seckendorff-Fachmann“, schreibt dazu: „Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts hatte sie sich [die Familie von Seckendorff] in dreizehn namentlich unterschiedliche Linien mit zahlreichen weiteren Zweigen aufgespaltet und stellt das zahlen- und besitzstärkste Niederadelsgeschlecht Frankens dar. Es hat die große Adelskrise des 15. und des 16. Jahrhunderts überstanden und blüht mit drei Linien – Aderdar, Gutend und Rinhofen noch heute.“ Die ursprünglich 13 Linien waren: Nold, Egersdorf, Aberdar, Hörauf, Hoheneck, Pfaff, Jochsberg, Rinhofen I bis III, Abenberg, Obersteinach und Gutend.

Auch in Triesdorf war die Familie von Seckendorff ansässig. Zwichen 1383 und 1386 gelangte Triesdorf in den Besitz der Familie. Wann nun die Wasserburg in Triesdorf erbaut wurde, ist bislang noch nicht geklärt. Ob es nun 1454 war, wie es Gottfried Stieber im Jahr 1761 meinte, ober schon früher, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Jedenfalls steht heute noch ein Rest vom Seckendorffer Schloss in Triesdorf – wenngleich in einem sehr traurigen Zustand. Burkhard von Seckendorff-Hoheneck gab 1469 dem Markgraf Albrecht III. Achilles von Brandenburg-Ansbach aus dem Hause Hohenzollern Triesdorf zu Lehen. Am 18. September 1600 verkaufte schließlich Wolf Balthasar von Seckendorff-Nold mit Zustimmung seines Bruders Hans Joachim von Seckendorff-Nold zu Jochsberg an den Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg schließlich Gut und Schloss Triesdorf für 31.000 Gulden und 100 Dukaten Leihkauf.

Wie eng die Beziehungen der Familien Seckendorff und Hohenzollern waren, beschreibt Dr. Gerhard Rechter wie folgt: „Die Seckendorff hatten seit ihrem ersten Auftreten um die Mitte des 13. Jahrhunderts bei den Burg- und Markgrafen schon immer eine bedeutende Stellung inne gehabt, die sie als Hohe Beamte und Minister auch unter den zu absolutistischen Fürsten gewordenen Regenten in Ansbach und Bayreuth im 18. Jahrhundert halten konnten.“

Wohl seit 1294 sind die Seckendorff in Obernzenn – wie auch im kleineren benachbarten Unternzenn – ansässig. Schon vorher, zwichen 1200 und 1235, wurde in Obernzenn eine Wasserburg errichtet. Wo früher eine Wasserburg stand und 1566 „drei“ Schlösser, so stehen heute das Blaue und das Rote Schloss. Eigentlich war Obernzenn nur im Eigentum der Linie Gutend. Allerdings kaufte sich im Jahr 1593 die Linie Aberdar mit Gottfried von Seckendorff-Aberdar ein. Seit dieser Zeit sitzen die beiden Linien Seckendorff-Gutend (Rotes Schloss) und Seckendorff-Aberdar (Blaues Schloss) auf Obernzenn.


Das Blaue Schloss

 

Der repräsentative Ostflügel des Blauen Schlosses zu Obernzenn wurde in den Jahren 1711 bis 1718 wohl nach Plänen des markgräflichen Baumeisters Gabriel de Gabrieli erbaut und durch den heutigen Hausherrn Rainer Graf von Seckendorff-Aberdar aufwändig restauriert.

Im Jahr 1696 erhielt der als Kammerjunker am Ansbacher Markgrafenhof tätige Christoph Sigmund von Seckendorff-Aberdar (1629-1710) das bisherige Aberdar’sche Schloss und begann 1696 ein neues Gebäude, den heutigen Nordflügel des Blaues Schlosses. Sein Sohn Philipp Albrecht, ebenfalls Kammerjunker in Ansbach, ließ den Osttrakt 1711-18, wohl nach Plänen des Ansbacher Hofbaumeisters Gabriel de Gabrieli, errichten. Dessen Sohn wiederum, Christoph Ludwig Freiherr von Seckendorff-Aberdar, aufgestiegen als Ansbacher Premierminister und Geheimer Ratspräsident zum wichtigsten Berater von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach, vollendete das Blaue Schloss in den Jahren 1756-57 durch den Westtrakt. Im Jahr 1759 setzte der Ansbacher Bildhauer Philipp Hochstein über dem Eingang an der Hofseite des Ostflügels ein Allianzwappen: Das „hochfreyherrliche Seckendorff- und hochgräfliche Cronfeld’sche Wappen“.

Zu einem repräsentativen Schloss gehörte natürlich auch ein angemessener Garten. So plante Christoph Ludwig mit seinem Gärtner Franz Felix Schack eine Neugestaltung des Gartens, wobei noch zu erforschen ist, ob der Ansbacher Hofbaudirektor Leopoldo Rettÿ hier die eigentliche Planung übernahm. Ulrike Swoboda schreibt über den Garten: „Im Jahre 1742 wurde eine neue eichene Brücke über den Schlossgraben in den Garten errichtet, die als Besonderheit für die damalige Zeit ein gußeisernes Geländer erhielt.“. Die erste Erwähnung von Gärten und Obstbäumen in Obernzenn geht übrigens auf das Jahr 1660 zurück.


Das Rote Schloss

1745 ließ Johann Wilhelm Gottfried Freiherr von Seckendorff-Gutend das Rote Schloss errichten. Johann Wilhelm Gottfried war kurbaierischer Generalfeldmarschall sowie Rat des Ritterkantons Altmühl und heiratete in diesem Jahr in dritter Ehe Franziska Friederike von Stein zum Rechtenstein und Bächingen (Franziska Friederica des + Wolfgang Ludwig vom Stain zu Bechingen an der Brenz). Für die neue Braut musste also ein neues Haus her. Zwar geht die Kunsthistorikerin Edith Schoeneck in ihrem Buch "Der Bildersaal im Blauen Schloss zu Obernzenn" davon aus, dass die Pläne dazu Johann David Steingruber lieferte. Es ist gar nicht einzusehen, dass die Familie von Seckendorff sich mit der zweiten Garde von Ansbacher Baumeistern zufrieden gab. Leopoldo Rettÿ war der Hofbaumeister am Hof von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, Johann David Steingruber war als Landbauinspektor sein Mitarbeiter. Nebenbei: Leopoldo Rettÿ baute in Triesdorf in den Jahren 1730 bis 1732 in Triesdorf für Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach ein Falkenhaus, das heute ebenfalls Rotes Schloss genannt wird. Allerdings ist bis heute fraglich, inwieweit Rettÿ tatsächlich in Obernzenn tätig war. Denn Dokumente, die Rettÿs Beitrag belegen, fehlen bislang. 1750 stieg Steingruber übrigens zu Rettÿs Nachfolger auf, zum ersten Baumeister im Fürstentum Ansbach.

Lange scheint Johann Wilhelm Gottfried von Seckendorff-Gutend nicht in seinem neuen Schloss in Obernzenn gewohnt zu haben. Denn in einer Urkunde aus dem Jahr 1746 wird er als Johann Wilhelm Gottfried von Seckendorff zu Meißelwitz genannt. Er starb am 8. August 1747. (Bei „Meißelwitz“ handelt es sich tatsächlich um Meuselwitz, Kreis Altenburger Land, Thüringen. Noch heute kann man dort die „die Orangerie im von-Seckendorff-Park“ als Rest des Schlosses bewundern. Im Sommer steht dort ein Cafe/Restaurant und ein Festsaal für Veranstaltungen dem Besucher offen.)
Dr. Gerhard Rechter gibt die Urkunde wie folgt wieder:

„1746 April 21 Obernzenn

Johann Wilhelm Gottfried v. Seckendorff zu Meißelwitz verkauft Christoph Ludwig von Seckendorff zur Erweiterung seines Brau- und Bauernhauses um 400 fl. rh. [Gulden] einen zwischen den beiden herrschaftlichen Brauhäusern gelegenen und zum Vorderen Schloß gehörigen Pferdestall in Obernzenn.“

Im 18. Jahrhundert gab es also zwei Seckendorff’sche Brauereien in Obernzenn. Zwar ist dies heute längst Vergangenheit, so kann man heute noch aus einer anderen ehemaligen Seckendorff-Brauerei Bier trinken. Es ist die heutige Brauerei Reindler aus Jochsberg bei Leutershausen, Kreis Ansbach. Zu Ehren des Namens Seckendorff wird alljährlich um die Weihnachtszeit ein Starkbier unter der Marke „Seckenator“ ausgeschenkt.

Carl-Alexander Mavridis


Literatur:

Mary Gräfin von Seckendorff-Aberdar, …gelebt und gewebt im Blauen Schloß, Neustadt an der Aisch 1979
Rainer Graf von Seckendorff-Aberdar (Hg.), Das Blaue Schloß zu Obernzenn, Obernzenn 1998
Gerhard Rechter, Die Herren von Seckendorff an der mittleren Altmühl und auf Triesdorf, Triesdorf 1991
Derselbe, Die Archive der Grafen und Freiherrn von Seckendorff, Band 1 und 2, München 1993
Edith Schoeneck, Der Bildersaal im Blauen Schloss zu Obernzenn, Ansbach 1997

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