historische Persönlichkeiten

Ernst Ludwig Carl (1682 – 1743), der Begründer der Volkswirtschaftlehre?

„1722 und 1723 erschien anonym ein rund 1500 Seiten umfassendes, in Paris gedrucktes dreibändiges Lehrbuch mit dem Titel <Traite de la richesse des princes et de leurs etat, et des moyens simples et naturels y parvenir >, verfasst von dem in Diensten der Markgrafen von Ansbach stehenden Ernst Ludwig Carl (1682 – 1743). < Wie Machiavelli die Politik von der Moral, Bodinus die Staatslehre von der Theologie, Pufendorf und Thomasius die Lehre des rechtes von der Ethik loslöst, so hat Carl die Volkswirtschaft als selbständiges Gebiet innerhalb der Gruppe der Staatswissenschaften emanzipiert.> Mit diesen Worten umschreibt Anton Tautscher (Anton Tautscher, Ernst Ludwig Carl, der Begründer der Volkswirtschaftslehre, Jena 1939) die Leistung des von ihm wiederentdeckten „angeblichen Begründers der Volkswirtschaftslehre.“ So steht es zu lesen bei Gerhard Kolb, Geschichte der Volkswirtschaftslehre, Dogmenhistorische Positionen des ökonomischen Denkens (München 1997), S. 32.

Ernst Ludwig Carl avanciert rasch vom Advokaten zum Sekretär des gemeinschaftlichen Ratkollegiums. Eine steile Karriere, die 1719 durch eine Reise nach Paris unterbrochen wird. Dort erlebt er das Auf und Ab der Finanzreform des Fürsten John Law, verfasst das oben genannte Werk, das für die Erziehung des Ansbacher Erbprinzen gedacht war. Als er sich zur Rückreise nach Ansbach anschickt, erreicht ihn die Aufforderung der Marktgräfin Christiane Charlotte, in Paris zu bleiben und dem Erbprinzen bei der geplanten Kavalierstour durch Frankreich Dienste zu leisten. Der Ansbacher Hofmeister Baron von Brehmer verhindert jedoch jede Einflussnahme Carls auf die Durchführung der Reise, indem er ihn mit verschiedenstens Einkäufen für das Ansbacher Schloss beschäftigt. …So ist aus dem Diplomaten ein Kunstexperte und Wirtschaftsspion geworden, den die Rückkehr in die politische und geistige Enge eines kleinen deutschen Fürstenhofes wenig reizt. (Karl Kunze, Ernst Ludwig Carl. Ein fränkischer Charge´d`affaires und Kameralist an den Höfen des europäischen Absolutismus,1965)

Die Markgräfin Christiane Charlotte, umgeben von intriganten Beamten – wie es scheint -, war eine eindrucksvolle Persönlichkeit, wie auch die Markgräfin Wilhelmine in Bayreuth, die an der Gründung der Universität Erlangen beteiligt war, die ihr Gatte im Jahre 1743 stiftete. Diese Hochschule machte die Nürnberger Universität Altdorf überflüssig und veranlasste die Aufgabe von Universitätsplänen, die in der Markgrafschaft Ansbach die Markgräfin Christiane Charlotte verfolgt hatte (während der ansbachische Universitätsfonds später der Erlanger Gründung zugute kam) – (Peter Mast, Die Hohenzollern, Graz 1988, S. 170)

Prof. Dr. Gerhard Mammen

Einführung zum Vortrag von Dr. Andrea Schödl über die Markgräfin Christiane Charlotte, gehalten am 23. März 2011 in der Hochschule Ansbach.

 

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